Beim Stuttgarter Verfahren handelt es sich um eine sehr gut verständliche Methode zur Bewertung von Immobilien. Das Stuttgarter Verfahren löste das in den 50er-Jahren stark kritisierte Berliner Verfahren ab. Es wurde zudem auch als steuerliches Verfahren zur Bewertung von nicht börsennotierten Anteilen an Kapitalgesellschaften genutzt.
Heute findet es Anwendung bei der Regelung von Abfindungsverfahren bei GmbH-Gesellschaftsverträgen, welche vor dem Jahr 2009 beschlossen wurden.
Beim Stuttgarter Verfahren handelt es sich um Übergewinngeltungsverfahren. Die Basis dieses Verfahrens ist stets der Wert der Immobilie oder eines Unternehmens beziehungsweise dessen Vermögenssubstanz. Bei überdurchschnittlichen Gewinnen wird ein entsprechender Zuschlag veranlasst.
Zunächst muss der Vermögenswert bestimmt werden, welcher sich aus der Differenz des Vermögens und der Schulden ergibt. Auch die Berechnung eines negativen Vermögenswerts ist möglich, sobald die Schulden höher als der Vermögenswert sind.
Vermögenswert= (Vermögen – Schulden) * 100 / Nennkapital
Anschließend wird der Ertragshundertsatz ermittelt. Für diesen wird das Nennkapital mit einem gewichteten Durchschnitt der Eigenkapitalverzinsung der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre in Relation gesetzt. Das erste Jahr fließt einfach, das zweite Jahr zweifach und das dritte Geschäftsjahr dreifach in die Berechnung ein. Daraus ergibt sich die folgende Formel:
Ertragshundertsatz = (1 * 1. Geschäftsjahr + 2 * 2. Geschäftsjahr + 3 * 3. Geschäftsjahr) * 100 / 6 * Nennkapital
Entsteht bei der Berechnung ein negativer Wert, so ist der Ertragshundertsatz mit einer Null zu verzeichnen. Einen negativen Ertragshundertsatz gibt es nicht.
Abschließend wir der gemeine Wert eines Kapitalgesellschaftsanteils berechnet. Dieser Wert gibt an, wie viel ein Käufer für die Immobilie oder das Unternehmen ausgeben muss, um diese/s zu erwerben. Dabei sollten im Vergleich zu anderen Immobilien, Aktien oder Unternehmen vor allem die vermuteten Ertragsaussichten der nächsten Jahre miteinbezogen werden. Die aktuell gültige Erbschaftssteuer-Richtlinie gibt dazu einen Grenzzinssatz in Höhe von neun Prozent für die folgenden fünf Jahre vor.
Gemeiner Wert = Vermögenswert + 5 * (Ertragshundertsatz – 9 * Gemeiner Wert / 100)
Nach diesen drei Berechnungsschritten kann mit gerundeten Werten auch folgende Formel genutzt werden:
Gemeiner Wert = 0,68 * (Vermögenswert + 5 * Ertragshundertsatz)
Das Stuttgarter Verfahren ist ein Bewertungsverfahren mit pauschalem Bewertungsansatz. Es berücksichtigt keine Besonderheiten des Unternehmens beziehungsweise der Immobilie. Dadurch entstanden Klagen, da das Verfahren durch den pauschalen Bewertungsansatz gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip verstößt. Außerdem gab es Kritik, dass das Stuttgarter Verfahren seine Berechnungen auf realitätsferne Parameter aufbaut, welche ausschließlich steuerlichen Zwecken dienten. Seiner Zeit war das Verfahren aber durchaus angemessen.
Zudem wurde nach Modellen und Berechnungsansätzen gesucht, welche zukunftsfähig und an die stetig wachsende Globalisierung angepasst seien.
Das Stuttgarter Verfahren wurde zum 1. Januar 2009 von der Stuttgarter Finanzverwaltung abgeschafft. Das Substanz- und Ertragswertverfahren übernehmen seither seine Funktion.
Ebenfalls wird kritisiert, dass kein negativer Ertragshundertsatz in die Berechnungen miteinbezogen wird. Dadurch ist das Stuttgarter Verfahren vor allem für Unternehmen oder Immobilien mit negativem Zukunftsausblick nicht lukrativ.
Ein Bereich, in dem das Stuttgarter Verfahren durchaus noch verwendet wird, ist bei Angelegenheiten um ältere Gesellschaftsverträge oder besonders beim Bestimmen von Abfindungen ausscheidender Gesellschafter. Das Stuttgarter Verfahren ist ausschließlich in Gelegenheiten für das Steuerrecht als verfassungswidrig erklärt worden. Dies gilt allerdings nicht für das Gesellschaftsrecht. Ist eine Berechnung nach dem Stuttgarter Verfahren laut des Gesellschaftsvertrages oder der GmbH-Satzung vorgesehen, ist diese demnach nutzbar.
Die mit dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Werte spiegeln in der Regel zwar nicht den wirklichen Wert des Unternehmens wieder, aber soweit keine großen Abweichungen zum Verkehrswert vorliegen, sind diese für den Gesellschafter geltend. Zudem ist das Berechnungsverfahren eindeutig und lässt keinen Spielraum für Diskussionen. Sollte es allerdings zu großen Abweichungen und damit eventuell sogar zu einem Gesellschaftsstreit kommen, können Korrekturen oder eine vertragliche Neuregelung getroffen werden.
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